Was tun im Notfall

Jede Hundehalterin und jeder Hundehalter wird schon einmal einen Splitter aus der Pfote seines Hundes gezogen, eine leichte Bisswunde verarztet oder verzweifelt die Symptome zu deuten versucht haben, wenn sich der Hund plötzlich völlig anders verhält. Wo man sich im Notfall hinwenden kann und welche Maßnahmen sofort zu ergreifen sind, sind hier übersichtlich zusammengestellt.

Erste Hilfe
Was man wissen sollte in Notfällen:


Äußere Blutungen
Ursachen: Splitter (Glas, Holz, Metallteile) können zu Verletzungen an den Pfoten führen. Stacheldraht oder Dornenbüsche können Wunden an Hals und Brustkorb verursachen. Bisswunden nach einem Kampf mit Artgenossen treten am ganzen Körper auf, während Beiße und Kratzspuren von Katzen meistens in der Kopfregion zu finden sind. Verletzungen am Ohr können durch Stacheldraht oder Bisse verursacht werden und bluten manchmal ziemlich heftig.

Beurteilung:
Bei kurzhaarigen Rassen sind die Verletzungen meistens gut erkennbar, bei langhaarigen muss das Tier vorsichtig untersucht werden. Pfoten Verletzungen wird der Hund augenfällig signalisieren.

Maßnahmen:
Schürfungen und oberflächliche Wunden sind harmlos, da tiefer liegende Gewebeschichten unverletzt geblieben sind und Blutungen schon bald von selbst versiegen. Trotzdem ist eine Behandlung mit einem Desinfektionsmittel empfehlenswert. Dunkelrotes Blut tritt langsam und gleichmäßig bei durchtrennten Venen aus, wobei die Blutung oftmals von selbst stoppt. Unterstützt wird dieser Vorgang, indem man eine Gaze oder ein Taschentuch auf die Wunde drückt. Kann die Blutung innerhalb ein, zwei Minuten nicht gestoppt werden, wird ein Eiswürfel in die Gaze oder den Stoff gewickelt und erneut auf die Wunde gedrückt.

Schlimmer, ja sogar lebensgefährlich kann eine Arterienverletzung sein. Diese Blutung (hellrot) ist schwer zu stillen. In diesem Fall heißt es,
kühlen Kopf bewahren, das Desinfizieren vergessen und umgehend durch Finger- oder Faustdruck die Blutung unterdrücken sowie einen Druckverband oberhalb des Blutaustrittes anlegen! Kann die Blutung so nicht gestoppt werden, muss eine Staubinde (das betroffene Körperteil wird oberhalb der Wunde abgebunden, bis die Blutung aufhört) angelegt werden, bis Hilfe kommt. Staubinden eignen sich allerdings nur bei Verletzung an Gliedern oder an der Rute. Selbstverständlich wird eine solche Staubinde niemals am Hals angelegt! An allen anderen, nicht abbindbaren Körperteilen muss die Wunde mit der Hand abgedrückt werden, bis man beim Tierarzt eintrifft.

Das gilt auch bei Ohrverletzungen, wo mit Zeigefinger und Daumen einige Minuten auf die Wundränder gedrückt wird, bis die Blutung aufhört.


Innere Blutungen
Ursachen:
Innere Blutungen (vor allem in die Bauchhöhle) entstehen am häufigsten durch (Auto-)Unfälle oder bei älteren Hunden durch geplatzte Milztumore.

Beurteilung:
Der Hund bewegt sich nur mühsam und wackelig, er ist schwach und droht zusammenzusinken.

Maßnahmen:
Sind nach dem Unfall keine äußeren Verletzungen sichtbar, stellt sich die Frage nach einer inneren Blutung. Solange die Schleimhäute kräftig rosa sind, besteht keine unmittelbare Gefahr. Verändern sich die Schleimhäute innerhalb einer Stunde nicht und bleibt der Puls weiterhin kräftig, liegt mit Bestimmtheit keine bedrohliche innerliche Blutung vor. Zur Beurteilung der Schleimhäute eignet sich beim Hund die etwas nach außen gedrehte Oberlippe am besten. Kontrolliert wird die Farbe, die von verschiedenen Rosa-Tönen über Orangegelb bis hin zu Blaurot variieren kann.

Der Rückfülltest gibt Zusatzinformationen. Und so geht der Test: Drückt man mit dem Finger kurz auf die Oberlippenschleimhaut, erscheint die Stelle vorerst weiß und füllt sich dann wieder mit Blut. Normalerweise dauert die Rückfüllung weniger als eine Sekunde. Dauert es länger, liegt eine Kreislaufstörung vor, und der Hund muss umgehend zum Tierarzt gebracht werden. Bei einem geplatzten Milztumor kann nur eine sofortige Operation helfen.


Knochenbrüche / Verstauchungen
Ursachen:
Bei schweren (Auto-)Unfällen liegen meist auch Knochenbrüche vor. Aber auch ein Sturz kann Knochenverletzungen nach sich ziehen. Ebenfalls beim Spielen mit Artgenossen oder beim Ballspielen können schon durch ungeschickte Bewegungen Verstauchungen oder Verrenkungen die Folge sein.

Beurteilung:
Bei Verrenkungen oder Verstauchungen wurden die Bänder eines Gelenkes mehr oder weniger stark in Mitleidenschaft gezogen, der Hund hinkt. Für den Laien ist es schwierig, die beiden Verletzungsmöglichkeiten zu unterscheiden. Bewegt sich das Tier nach ein paar Stunden sichtbar normaler, dürfte es sich um eine Verstauchung handeln (Bänder Überdehnung), die möglicherweise nicht speziell behandelt werden muss.

Dauert die Lahmheit auch am anderen Tag noch an, muss mit einer Verrenkung gerechnet werden – es ist nötig, den Tierarzt zu konsultieren.

Ein verdrehtes, verformtes oder verkürztes Bein deutet auf einen Knochenbruch hin. Hat der Knochen gar Muskeln und Haut durchstoßen und ist von außen zu sehen, spricht man von einem offenen Bruch. In beiden Fällen wird der Hund nicht mehr laufen können.

Maßnahmen:
Je nach Größe des Hundes muss er vorsichtig auf eine Decke oder Jacke gelegt und bis zum Auto oder zum nächsten Haus getragen werden. Sofort zum Tierarzt oder ins Tierspital fahren!


Vergiftungen
Ursachen:
Am meisten gefährdet sind Welpen, die aus Neugierde vieles mit dem Maul erkunden wollen und hin und wieder auch giftige Dinge verschlucken. Dabei handelt es sich u.a. um Mittel, die in jedem Haushalt vorkommen, wie beispielsweise Fleckenentferner, Nagellack, Insektenvertilgungsmittel, Farben, Mottenpulver, Schneckenkörner, Tinte oder Schuhcreme. Dazu kommen Garten- und Wildpflanzen wie der blaue Eisenhut, die Engelstrompete, der Goldregen oder der Oleander.

Bei den Zimmerpflanzen sind es unter anderen das Alpenveilchen, der Weihnachtsstern oder die Dieffenbachie. Doch auch erwachsene Hunde sind vor Vergiftungen nicht gefeit. Ebenso können Hundehasser, die in Wurst verpackte Metatabletten oder ein anderes Gift auslegen, die Gesundheit des Vierbeiners arg gefährden.

Beurteilung:
Die Reaktionen auf das Schlucken von giftigen Stoffen können sehr unterschiedlich sein. Von Magen- und Darmstörungen über Erbrechen und Durchfall bis hin zu Muskelkrämpfen, gestörten Reflexen oder Bewusstseinsstörungen kann alles auftreten. Alle diese Symptome können natürlich auch andere Ursachen haben. Als Alarmzeichen muss vor allem das Vibrieren der Tasthaare angesehen werden!

Maßnahmen:
Ist man sicher, dass der Hund eine giftige Substanz geschluckt hat, sollte man von Eigeninitiativen, wie beispielsweise den Hund zum Erbrechen zu bringen, absehen und den Tierarzt schnellstmöglich aufsuchen!

Dieser wird ihm eine Apomorphin-Spritze verabreichen, die bewirkt, dass der Hund zwei bis drei Mal erbricht und damit den Magen völlig leert. Hat der Hund bereits vor dem Gang zum Tierarzt erbrochen, kann ein Teil des Erbrochenen mitgenommen und bei Bedarf auf die Gift Art analysiert werden.


Hitzestau
Ursachen:
Der Aufenthalt in einem in der Sonne stehenden Auto oder eine Wanderung bei drückender Hitze können einen Hitzestau oder Hitzschlag auslösen. Bei Überanstrengung an der prallen Sonne erleiden oftmals ältere Hunde einen Zusammenbruch der Temperaturregulation.

Beurteilung:
Der Hund hechelt stark bei heraushängender Zunge, er wirkt nervös, speichelt, ist kaum ansprechbar und läuft ev. in Hindernisse. Seine Körpertemperatur steigt auf über 40 Grad (die Normaltemperatur liegt je nach Größe des Tieres zwischen 38 und 39 Grad). Der Puls rast, die Pupillenreaktionen sind gestört und die Schleimhäute tiefrot.

Maßnahmen:
Während des Spazierganges oder bei der Rückkehr zum Auto muss umgehend Wasser, z. B. ein Brunnen oder ein Bach gesucht werden. Erst wird der Hund bespritzt, danach taucht man den ganzen Körper für mindestens 15 Minuten ins kühle Wasser. Macht der Hund zuhause einen Hitzestau, wird er sofort in die Badewanne gestellt und abgeduscht. Die erste Sofortmaßnahme, die Abkühlung, konnte somit schon eingeleitet werden und die Wanne füllt sich allmählich. Je mehr das Wasser steigt, desto wirkungsvoller ist die Kühlung. Nach etwa 15 Minuten lässt das Hecheln nach.
Ungeeignet sind nasse Tücher, da diese die Temperatur nicht ausreichend schnell zu senken vermögen.


Wespen- und Bienenstiche
Ursachen:
Im Sommer kann es durchaus vorkommen, dass der Hund von einer Biene oder Wespe gestochen wird. Das ist zwar schmerzhaft, verläuft in der Regel jedoch ohne nachhaltige Probleme. Ausgenommen sind Fälle, in denen der Hund von zahlreichen Insekten gestochen wird (verfolgt von einem Schwarm) oder wenn der Hund in den Rachen (kommt selten vor), in die Zungenspitze (kommt öfters vor) oder in den Zungengrund (kommt praktisch nicht vor) gestochen wird.

Beurteilung:
Der Hund zeigt Fluchtverhalten, jault und versucht, die betroffene, anschwellende Stelle zu lecken. Stärker reagiert der Hund, wenn er mehrfach gestochen wurde oder sensibilisiert ist (Erbrechen, Kreislaufschwäche).

Maßnahmen:
Im Normalfall wird der Stachel entfernt und die Stelle mit einer lindernden Salbe behandelt. Bei Mehrfachstichen oder bei einem Stich im Rachen oder im Zungengrund muss der Tierarzt sofort aufgesucht werden. Ist die Pfote betroffen, kann ein kühles Pfoten Bad die Schmerzen lindern.


Magendrehung
Ursachen:
Gefährdet sind besonders größere Hunde. Eine Magendrehung tritt meistens ein bis zwei Stunden nach der Nahrungsaufnahme auf. Herumtollen und wilde Sprünge beim Spielen begünstigen eine Magendrehung. Dabei dreht sich der Magen um seine eigene Achse und verschließt so den Zugang zur Speiseröhre und zum Magenausgang. Es bilden sich Gase, die nicht mehr entweichen können und den Magen zu einer enormen Größe aufblähen lassen.

Beurteilung:
Der Hund hechelt und macht einen leidenden Eindruck. Er versucht zu erbrechen, was durch die Verschließung der Speiseröhre nicht möglich ist. (Was aus gewürgt wird, ist schaumiger Speichel, welcher sich in der Speiseröhre aufstaut). Er verhält sich unruhig und mag nicht liegen. Drückt man auf den aufgeblähten Bauch, verursacht das große Schmerzen.

Maßnahmen:
Eine Magendrehung ist immer ein Notfall, zu jeder Tages- und Nachtzeit! Die verstrichenen Minuten entscheiden über das Überleben des Hundes! Der Tierarzt wird den Bauch öffnen und die Gase entweichen lassen und den Mageninhalt entfernen. Der Magen wird zurückgedreht und ev. mit der Bauchwand vernäht, um einem Rückfall vorzubeugen. Als Vorbeugung sollte die Futterration bei gefährdeten Tieren auf zwei, drei Mahlzeiten pro Tag verteilt werden.


Fremdkörper im Maul
Ursachen:
Besonders Welpen und Junghunde nehmen oftmals Dinge ins Maul, die dort stecken bleiben und im schlimmsten Fall eine lebensbedrohliche Atmungsbehinderung auslösen können.

Beurteilung:
Das Tier ist unruhig und versucht, mit den Pfoten etwas aus dem Maul zu entfernen. Möglicherweise hechelt und speichelt es.

Maßnahmen:
Hat sich im Gaumen, Rachen oder zwischen den Zähnen etwas verklemmt, ist beherzte Selbsthilfe gefordert. Um den Fremdkörper lokalisieren zu können, öffnet man das Maul des Hundes. Ist der Fremdkörper sichtbar (Taschenlampe), muss dieser mit einem schnellen, mutigen Griff erfasst und entfernt werden. In den meisten Fällen gelingt dies. Wehrt sich der Hund heftig oder ist der Fremdkörper nicht auszumachen, bleibt nur
die tierärztliche Hilfe.


Harnröhrenverschluss
Ursachen:
Ein Harnröhrenverschluss kommt eher bei Rüden vor. Er entsteht durch das Eindringen von Blasensteinen in die Harnröhre, was zu einem lebensbedrohlichen Harnstau führt.

Beurteilung:
Der Hund hat keinen Appetit, leidet unter ständigem Harndrang und Schmerzen beim Versuch, Harn abzusetzen. Die Schmerzäusserung tritt auch dann auf, wenn die prallvolle Blase abgetastet wird.

Maßnahmen:
Ein Harnröhrenverschluss ist immer ein Notfall und bedarf umgehend ärztlicher Hilfe!

Aufgepasst: Ein Harnröhrenverschluss wird vom Laien gerne mit einer Blasenentzündung verwechselt, da die Symptome ähnlich sind. Obwohl der Hund bei einer Blasenentzündung ebenfalls einen permanenten Harndrang aufzeigt, frisst er normal und zeigt keine Schmerzäusserung beim Drücken auf den Bauch

Allgemeine Informationen

Körpertemperatur:
Die normale Körpertemperatur des Hundes liegt ein bis zwei Grad über derjenigen des Menschen; steigt sie allerdings über 39,5°C, bedeutet das Fieber, und man sollte unbedingt den Tierarzt konsultieren. Da zahlreiche Tierfreunde bei ihrem Hund noch niemals Fieber gemessen haben, empfiehlt sich hin und wieder eine Trockenübung.

So funktionierts:
Fiebermessen ist schmerzlos und die meisten Hunde lassen die kurze Prozedur problemlos über sich ergehen. Die Spitze des Thermometers wird mit Vaseline bestrichen, etwa vier Zentimeter in den After eingeführt und nach einer Minute kann die Temperatur bereits abgelesen werden. Der Hund bleibt während dieses Vorgangs am besten stehen, wobei wir mit unserem Arm unter dem Bauch hindurchgreifen und den Vierbeiner dadurch am Absitzen hindern.

Puls:
Den Puls ertastet man am besten an den Beinarterien, auf der Innenseite des Oberschenkels in der Leistengegend. Für den Puls gilt die Faustregel: Je kleiner der Hund, desto schneller der Puls. Normal sind für große Hunde etwa 80 Schläge pro Minute, bei kleinen Hunden beträgt die Normalfrequenz bis 120 Schläge.

Schmerzen:
Knochenbrüche/schwere Verletzungen sind äußerst schmerzhaft. Deshalb empfiehlt es sich, dem Hund als Erstes eine Schnauzen binde anzulegen. Selbst der gutmütigste Vierbeiner kann in einer solchen Situation zubeißen!

Feststellen des Todes
Gedanken um den Tod werden verständlicherweise weit weggeschoben. Trotzdem sollte man wissen, wann jede Hilfe zu spät ist. Untrügliche Zeichen für den Tod des Hundes sind:
Offene Pupillen, keine Lidreflexe, glanzlose Augen, weder Herzschlag noch Puls, keine Atmung.

Das gehört in eine Haus- und Reiseapotheke

Ob zu Hause oder mit dem Auto unterwegs – eine Apotheke für den Hund sollte stets griffbereit sein. Sinnvoll ist diese Apotheke natürlich nur dann, wenn sich das richtige Material und keine abgelaufenen Medikamente darin befinden!

Die Haus- oder Reiseapotheke muss individuell auf seinen Patienten zusammengestellt werden. Dazu gehört eine kurze Anleitung, die die genaue Dosierung und die korrekte Abgabe der beiliegenden Medikamente beinhaltet. Zu den notwendigen Medikamenten zählen beispielsweise Desinfektionsmittel, Tabletten oder Tropfen gegen Durchfall, Erbrechen, Verstauchungen und Prellungen, Salben gegen Hautentzündungen und -Verletzungen oder Ohrenentzündungen. Die Bestückung der Hausapotheke erfolgt am besten in Zusammenarbeit mit der Tierärztin oder dem Tierarzt. Ob die Medikamente auf die Schulmedizin und/oder die Komplementärmedizin ausgerichtet sind, entscheiden Sie.

Dieses Material gehört in die Apotheke:
Schere, Pinzette, Gazetupfer, Verbandsbinde, Lupe, Taschenlampe und elektronischer Fiebermesser. Die Taschenlampe leistet nicht nur nachts gute Dienste, auch Fremdkörper in Ohr, Auge oder Maul lassen sich damit gut eruieren. Um Dornen oder Ähnliches genau orten und entfernen zu können, wird die Lupe eingesetzt.

Notfall-Set
Ein Notfall-Set muss klein sein, damit es bei jedem Spaziergang eingepackt werden kann. Es enthält eine Verbandsbinde und einige Gazetupfer, sodass man bei einer Verletzung gewappnet ist. Ein Vierecktuch eignet sich entweder zum Abbinden bei einer starken Blutung oder im Bedarfsfall zum Zubinden der Schnauze. Um Messer, Schere oder Pinzette sofort zur Hand zu haben, hat sich ein Sackmesser bestens bewährt.

Posted by
rotstrumpf

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